Lietzow, im Oktober 2017. Für Möbel- oder Bauholz, selbst für Kaminholz taugen sie nicht. Die verkrüppelten Äste der Süntelbuchen lassen sich nicht mal halbwegs sauber spalten, geschweige denn platzsparend zu einem Holzstoß stapeln. Deshalb ist diese Baumart in der Forstwirtschaft wenig willkommen.
Umgangssprachlich nennt man sie auch Krüppelbuchen. Einige der europaweit seltenen Exemplare befinden sich auf Rügen nördlich von Lietzow in der Semper Heide. Unweit vom Ortsausgang Richtung Sagard findest Du linker Hand einen unscheinbaren Waldweg, vorbei an einem Wohnhaus führt links ein Pfad leicht bergan durch einen Rhododendron-Hain. Rechts zweigt ein steiler Weg ab zu einer Wasserturm-Ruine. Davor weist ein Holzschild zum Hexenwald.
Dort findest Du die Süntelbuchen. Im Sommer bilden sie ein dichtes Kuppeldach aus Laub, unter dem Du vor Regen Schutz findest. Winters zeigen sie ihre verdrehten und bizarr geformten Äste. In grauer, nebeliger Herbstdämmerung werden hier bestimmt spukende Gestalten in weißen Gewändern hindurchschweben.
Die seltsamen Buchen leiten ihren Namen vom „Süntel” ab, einem schmalen Bergkamm zwischen Hameln und Hannover. Dort gab es einst den größten Süntelbuchenwald Europas. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde er gerodet. Auch andernorts machte man den skurrilen Gewächsen nach und nach den Garaus.
Jetzt gibt es solche Krüppelbuchen nur noch an etwa 50 Standorten in Deutsch-land. In der Dendrologie weiß man, dass die Wuchsform der Süntelbuchen erblich ist. Man weiß auch, wie sie sich vermeh-ren. Zuverlässig entstehen junge Krüppelbuchen, wenn sich Zweige mit Erdreich bedecken. Dann kommen zuverlässig Bäumchen mit den gleichen Genen hervor. Aus den Bucheckern gedeihen meist ganz normale Rotbuchen. Wie die Süntelbuchen einst entstanden sind, ist allerdings noch ungeklärt.